Finnisch-Lappland im Januar

You are currently viewing Finnisch-Lappland im Januar

Mit dem Nachtzug nach Kemijärvi

Nach Abschluss meiner Promotion Ende 2019 hatte ich einen großen Wunsch: zurück nach Finnisch-Lappland, mich in der Natur erholen und den Kopf frei bekommen. Da mein Lieblingsfinne diesen Teil des Landes selbst noch nicht im Winter besucht hatte, ließ er sich glücklicherweise leicht von der Idee begeistern. So kam es, dass wir eine vielleicht etwas ungewöhnliche Abendplanung für Silvester hatten.

Wir besuchten zuerst die Nachmittagsvorstellung des Musicals Notre Damen Kellonsoittaja (Der Glöckner von Notre Dame) im Theater von Tampere. Anschließend gingen wir mit den Eltern meines Freundes Pizza essen und stießen in deren Hotelzimmer schon mal vorzeitig an. Für größere Feierlichkeiten blieb keine Zeit, mussten Risto und ich doch gegen 22 Uhr bereits unsere Kabine im Nachtzug beziehen. Dieser sollte uns in einer etwa elfstündigen Fahrt bis nach Kemijärvi bringen.

Ausgestattet mit zwei Betten und je nach Variante sogar mit eigenem Bad ließ es sich in der Kabine gut aushalten. So beobachteten wir, wie draußen die schwarze Landschaft vorüberzog (bis wir eine lückenlose Schneedecke zu sehen bekamen, dauerte es), während gleichzeitig das neue Jahr näher rückte. Pünktlich zum Jahreswechsel fuhren wir in Seinäjoki ein. Irgendwo in der Ferne stiegen ein bis zwei einsame Raketen in den Nachthimmel. Ansonsten – nichts. Alles in allem also eher unspektakulär. Wer hätte zu diesem Zeitpunkt schon ahnen können, dass es 2020 mehr oder weniger genauso spannend ablaufen würde? Schnell noch ein paar Neujahrsgrüße verschickt, auch wenn die Familie und Freunde in Deutschland aufgrund der Zeitverschiebung noch im alten Jahr waren, und dann ab ins Bett.

Wir schliefen erstaunlich gut, bis zu dem Zeitpunkt, als am nächsten Morgen mit Lautsprecherdurchsagen darauf aufmerksam gemacht wurde, dass unser Zug demnächst Rovaniemi erreichen würde. In den anderen Kabinen und auf dem Gang herrschte hektisches Gewusel, da die meisten Mitreisenden ihr Ziel erreicht hatten. Wir dagegen konnten es ruhig angehen lassen, denn bis zur Endhaltestelle dauerte es noch eine Stunde. Dann hieß es endlich auch für uns in die dicken Klamotten schlüpfen und hinaus in den lappländischen Winter!

 

Nordwärts natürlich

Kemijärvi liegt bei etwa 66° nördlicher Breite. Da geht noch was! Somit handelte es sich auch nur um einen Zwischenstopp, da der Zug nun einmal dort endete. Zum Glück wartete unser Mietwagen bereits auf dem Bahnhofsparkplatz und so konnten wir unsere Fahrt gen Norden rasch fortsetzen. Unsere erste Rentierbegegnung ließ natürlich auch nicht lange auf sich warten. In Pelkosenniemi legten wir eine kurze Pause an einem Supermarkt ein und nutzten die Gelegenheit, um ein paar Fotos zu schießen. Es war ein heiterer Morgen und ein orangefarbener Schimmer in der Ferne zeigte uns, dass die Sonne knapp unterm Horizont stand. Überhaupt war es deutlich heller, als ich es für kaamos erwartet hatte. Wir folgten der E63 bis Sodankylä, wo wir – wie sollte es anders sein – auf die E75 bogen. Von da an hieß es etwas über 200 km dem Straßenverlauf folgen.

Vuotso… Kakslauttanen… Saariselkä… Ivalo… schön, zurück zu sein und bekannte Orte wieder zu sehen. Aber keiner davon war unser Ziel. Nachdem wir Inari hinter uns gelassen hatten, war auch ich weiter in den Norden vorgedrungen als je zuvor. Bei unserer Unterkunft handelte es sich um eine kleine Ferienanlage unweit der Straße. Abgesehen davon und von einer Handvoll Wohnhäuser gab es dort auch nicht viel. Urlaub genau nach meinem Geschmack.

 

Ferienspaß im Schnee

Was also haben wir in dieser Abgeschiedenheit unternommen?

Zunächst einmal Spaziergänge, wobei wir feststellten, dass Wege, die auf Google Maps eingezeichnet sind, im Winter unter einer mehr als einem Meter dicken Schneedecke verschwunden sein können. Wir hatten den großartigen Einfall, eine Runde zu laufen, mussten aber aufgeben, da wir bei jedem Schritt hüfttief im Schnee versanken und es einfach kein Vorwärtskommen gab.

Rentiere beobachten: Mein Freund outete sich am zweiten Morgen als Tourist, als er Rentiere über den zugefrorenen Fluss hinter der Hütte laufen sah und im Schlafanzug nach draußen lief, um sie fotografieren zu können. Ein wundervolles Erlebnis war übrigens, als wir eines Nachts an besagtem Fluss standen, um einen Blick auf Polarlichter erhaschen zu können. Die Stille wurde nur unterbrochen vom leisen Klackern der Hufe zweier Rentiere, die gemächlich ihrem Weg über das Eis folgten.

Ferner unternahmen wir diverse Ausflüge: Zum Kiilopää im Urho-Kekkonen-Nationalpark, wo wir wandern und in die Rauchsauna gingen und uns anschließend im Eisloch abkühlten. Immer wieder schön. Außerdem waren wir Ski laufen in Saariselkä. Ich bin ja nach wie vor nicht ganz überzeugt davon, wenn ich auf zwei Brettern unter den Füßen abwärts gleiten soll, aber es war schließlich auch erst mein zweites Mal. In Inari besuchten wir das Siida-Museum. All das war mir aus früheren Urlauben bereits bekannt, aber eine Unbekannte gab es für mich: Utsjoki.

Wir hatten uns einen super Tag für unsere Fahrt nach Utsjoki ausgesucht, da wir etwa 100 km durch einen beachtlichen Schneeschauer in der dauerhaften Dämmerung zurücklegen mussten. Um uns herum nichts als erämaa, also unbewohntes Gebiet. Da wir mit dem Auto das Land nicht verlassen durften, parkten wir es kurzerhand an einem Supermarkt und legten die letzten paar Meter über die den Fluss Tenojoki überspannende Saamen silta zu Fuß zurück. Diese Straßenbrücke verbindet das Gemeindezentrum von Utsjoki mit Norwegen, sodass ich nun behaupten kann, auch dieses Land zumindest kurz betreten zu haben. Für die Rückfahrt wählten wir eine andere Route, die direkt entlang der finnisch-norwegischen Grenze verlief, bis wir schließlich bei Karigasniemi abbiegen mussten.

Eigentlich, so dachten wir immer wieder, müsste es im Sommer hier doch auch sehr schön sein… etwas, das wir für künftige Reisen sicherlich im Hinterkopf behalten werden.

 

Dieser Beitrag hat 2 Kommentare

  1. Gabriele Teske

    Wieder eine schöne Reise mit euch.
    Ich hoffe ihr könnt dieses Jahr die Eltern von Risto besuchen. Liebe Grüße an die Beiden 🐾

    1. Miriam

      Ja, hoffen wir mal, dass das demnächst wieder möglich sein wird.

Schreibe einen Kommentar zu Miriam Antworten abbrechen