Über meine Lerntechniken als Anfänger habe ich bereits zuvor berichtet. Nun möchte ich darauf eingehen, wie ich im fortgeschrittenen Stadium vorgehe. Zwar arbeite ich immer noch mit Lehrbüchern, habe jedoch das Gefühl, dass sich das Lernen mehr und mehr verlagert zu Materialien oder Übungen, die ich mir anderweitig zusammenstelle.
Das ist teilweise dessen geschuldet, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem man das im Alltag gesprochene Finnisch verstehen möchte und nicht mehr nur aufgenommene Lehrbuchkonversationen. Ich habe schon immer gerne finnisches Radio gehört bei Tätigkeiten, die keine große Konzentration erfordern (Stichwort Meerschweinchenstall ausmisten). So höre ich ganz nebenbei außer Musik noch Nachrichten, kurze Sprachbeiträge sowie Werbung. Radiomoderatoren wollen natürlich verstanden werden und sind geübt darin, klar und deutlich zu sprechen. Auch Werbung zielt darauf ab, eine Botschaft zu übermitteln, und verwendet deswegen keine komplizierte Sprache. Höre ich ein Lied, das mir gut gefällt, suche ich mir gerne den Text heraus und übersetze ihn gegebenenfalls sogar ins Deutsche. Eine weitere gute Quelle sind Podcasts zu unterschiedlichsten Themen, zum Beispiel bei Yle Areena Audio oder Supla.
Daneben kommen auch Fernsehnachrichten als Übungsmaterial in Frage, zum Beispiel auf der Seite von Yle oder mtv. Hierbei gibt es den Vorteil, dass man Bildmaterial als zusätzliche Unterstützung hat, um das Gesagte zu verstehen. Dasselbe gilt für andere Fernsehsendungen und Filme. Man kann sich zum Beispiel bei Yle Areena durchklicken und für einen interessante Beiträge suchen. Wer gerne Untertitel mitlesen möchte, sollte sich die Yle Kielikoulu näher ansehen. Dabei lässt sich das individuelle Sprachniveau angeben, was beeinflusst, welche Wörter in den Untertiteln mit Übersetzung (Deutsch ist allerdings nicht vorhanden) angezeigt werden. Leider stößt man bei den Internetangeboten immer wieder auf den Hinweis, dass ein Video nur in Finnland anzuschauen ist. Ob und wie sich das umgehen lässt, haben wir bisher nicht herausgefunden.
Ansonsten lese ich häufig, zum einen Meldungen auf finnischen Nachrichtenportalen wie Yle, zum anderen aber auch Zeitschriften oder Bücher. Es gibt eine Auswahl an Büchern in einfacher Sprache, zum Beispiel auch von Klassikern der finnischen Literatur. Allerdings habe ich diese bisher nie ausprobiert – wahrscheinlich bin ich ein wenig masochistisch veranlagt und wollte deswegen lieber direkt in „normalem“ Finnisch verfasste Bücher lesen. Um es dennoch einfacher zu gestalten, handelte es sich dabei zum Teil um Werke, die mir bereits aus einer anderen Sprache bekannt waren. Mein erstes Buch war Pikku Prinssi (Der kleine Prinz) und später nahm ich mir die Harry Potter Reihe auf Finnisch vor.
Seit geraumer Zeit habe ich die Sprache meines Telefons auf Finnisch umgestellt. Dadurch sehe ich jedes Mal, wenn ich das Gerät in die Hand nehme, finnische Wörter. Wenn ich zum Beispiel etwas google, erhalte ich auch Suchergebnisse auf Finnisch und lerne so ganz nebenbei neue Vokabeln.
Sobald man einigermaßen verständliche Sätze auf Finnisch formulieren kann, ist der Kontakt zu Muttersprachlern natürlich Gold wert, sei es zum Schreiben via Messanger oder zum Reden. Wenn derjenige auch noch bereit ist, Fehler zu korrigieren, ist das umso besser. So habe ich meinem Freund irgendwann angekündigt, ab sofort ausschließlich auf Finnisch mit ihm zu schreiben und bis auf wenige Ausnahmen habe ich das auch durchgezogen. Manchmal rege ich mich zwar darüber auf, wenn er mich zum gefühlt 1000. Mal darauf hinweist, dass das Objekt im Satz wieder nicht richtig ist, aber aus Fehlern lernt man bekanntlich.
Wer gerade keinen Muttersprachler zur Hand hat, kann stattdessen versuchen, sich mit einem Mitlernenden auszutauschen. Wenn ich weiß, dass ich meinem juttukaveri noch eine Antwort schuldig bin, steigert es meine Motivation, mich hinzusetzen und eine Mail auf Finnisch zu verfassen.
Daneben schreibe ich immer wieder Texte (die ich auch korrigieren lasse) mit verschiedensten Inhalten, die häufig durch Aufgaben in Lehrbüchern inspiriert sind. Nicht alle fallen mir leicht oder interessieren mich thematisch, aber ich motiviere mich selbst mit dem Gedanken, dass man sich auf einem hohen Sprachniveau möglichst vielseitig ausdrücken können sollte.
Ich habe auch schon versucht, zumindest teilweise meine Texte hier auf dem Blog selbstständig ins Finnische zu übersetzen. Häufig hatte ich dabei das Gefühl, mein Gehirn verknotet sich. Trotzdem ist das insofern eine hilfreiche Übung, als dass ich merke, welche Satzkonstruktionen mir schwerfallen oder welche Metaphern und Sprichwörter mir auf Finnisch noch nicht geläufig sind.
Im Gegensatz zu früher übersetze ich Lehrbuchtexte inzwischen übrigens nicht mehr Wort für Wort ins Deutsche, sondern markiere mir nur Vokabeln, die ich im Wörterbuch nachschlagen musste, und schreibe entweder eine deutsche Übersetzung oder – was noch besser ist – ein Synonym oder eine kurze Definition auf Finnisch dazu. Dafür ist es oft hilfreich, ein einsprachiges Wörterbuch wie das Kielitoimiston sanakirja zu verwenden. Ebenso wenig setze ich mich noch vor meine Aufzeichnungen und versuche, Vokabellisten oder Grammatikregeln auswendig zu lernen. Mittlerweile ist es vielmehr so, dass ich solche Dinge durch den alltäglichen Gebrauch der Sprache übe. Merke ich beim Schreiben, dass ich zum Beispiel nicht mehr weiß, wie eine bestimmte Satzentsprechung gebildet wird, schlage ich die Regeln bei Bedarf nach.
Ich hoffe, mit meinen Schilderungen konnte ich den ein oder anderen nützlichen Hinweis geben. Auf einen guten Lernerfolg!
Hallo, danke für den interessanten Text. Du schreibst „dass ein Video nur in Finnland anzuschauen ist. Ob und wie sich das umgehen lässt, haben wir bisher nicht herausgefunden.“
Hier kann ich vielleicht helfen. Manche Virenschutzprogramme (wie z.B. das von Norton, das ich aber eigentlich aufgrund ihrer Preispolitik nicht empfehlen möchte) bieten auch ein sogenanntes VPN (virtual private network) an. Das ist nicht nur nützlich, wenn man in öffentlichen WLANs unterwegs ist, sondern bietet auch die Möglichkeit so zu tun, als wenn die eigene Internetverbindung nicht in Deutschland „ins Internet“ geht, sondern man virtuell in einem anderen Land ist. Wenn man hier Finnland auswählt, sollten diese Sendungen sichtbar sein.
Alternativ zu Virenschutzprogrammen gibt es auch extra VPN-Anbieter, bei denen man ein paar Euro im Monat für den Service zahlt, z.B. nordvpn (kann man auch 30 Tage kostenlos testen).
Danke für den Hinweis. Wir haben schon vermutet, dass es mit VPN funktionieren könnte, aber haben es selbst noch nie ausprobiert.