Dezembertraditionen

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Während der Glögi im Topf erwärmt wird, ist ein guter Moment, um sich damit auseinander zu setzen, welche Traditionen und Erfahrungen der letzte Monat des Jahres mir in den Sinn bringt. Ich bin viele Male gefragt worden, was in Finnland oder Deutschland zu Weihnachten gegessen wird. Es ist unmöglich, auf diese Frage eine kurze umfassende Antwort zu geben, da sich alles in allem die Bräuche und Traditionen in verschiedenen Familien merklich voneinander unterscheiden können, obwohl die finnische Bevölkerung im Vergleich zu Deutschland noch sehr homogen ist. Dementsprechend sind viele mit Weihnachten verknüpfte Traditionen in Finnland von Nord nach Süd und von Ost nach West einheitlich, während sich in Deutschland Unterschiede vor allem zwischen protestantischen und katholischen Bräuchen finden. Ich habe einige Sachen herausgepickt, die ich im Laufe der Jahre selbst erfahren oder von denen ich gehört habe.

 

Karten in Hülle und Fülle, aber knapp geschrieben

In Finnland sind Weihnachtskarten traditionellerweise sehr beliebt. Für sie gibt es in vielen Haushalten sogar dekorative Ständer mit Taschen, in denen man die vielen Karten praktischerweise aufbewahren kann. Eine Sache, die in Deutschland für Erheiterung sorgt, ist, dass man auf finnischen Karten häufig den vorgedruckten Text „Frohe Weihnachten und ein frohes neues Jahr“ findet und der Versender nichts weiter tun braucht als seinen eigenen Namen zu schreiben. In Deutschland denkt man, dass es Aufgabe des Versenders der Karte sei, jedes Wort selbst und vor allem reichlich zu schreiben. Zum Verschicken der Karten per Post waren in Finnland zumindest um die Jahrtausendwende herum noch große Briefumschläge in Gebrauch, in die man höchstens 20-25 Karten stecken durfte. Auf jede Karte musste man natürlich die Adresse des Empfängers schreiben sowie eine Briefmarke kleben, aber die Karten konnte man zum Beispiel zu Hause in den großen Versandumschlag geben, wodurch man nicht jede Karte einzeln in den Briefkasten zu werfen brauchte. Die Post wollte also sowohl für sich selbst als auch für ihre Kunden die Belastung beim Sortieren der Weihnachtspost erleichtern. Karten werden ab Oktober überall verkauft, häufig auch in Paketen, die viele Karten enthalten. Neuerdings hat das Versenden „richtiger“ Karten überall abgenommen, aber sie sind immer noch ein wichtiger Bestandteil der finnischen Weihnacht, und man sieht sie nicht im selben Ausmaß im deutschen Straßenbild.

 

Am 6. Dezember legt der Nikolaus ein Geschenk in den Stiefel

Während man sich in Finnland am 6. Dezember darauf konzentriert den Unabhängigkeitstag zu begehen, freuen sich in Deutschland vor allem die Kinder über Nikolausgeschenke. In den Schulen und auch an Arbeitsplätzen wird Schokolade verteilt, und kleine Kinder fordert man dazu auf, die Stiefel vor der Haustür bereit zu stellen. Dieser Brauch ist in ganz Deutschland ziemlich einheitlich, anders als das Wesen, das an Heiligabend die Geschenke bringt, welches mancherorts der Weihnachtsmann und anderswo das Christkind ist. Keiner von beiden hat eine Frau oder zumindest nicht dabei, und auch Wichtel haben nicht dieselbe Stellung wie in Finnland. Man sieht allerdings Wichtelmützen auf den Köpfen der Menschen und die Wohnungen werden sowohl innen als auch außen mit rotmützigen Gestalten dekoriert. Zu bemerken ist auch, dass in vielen Heimen am Heiligabend niemand zu Besuch kommt, während in Finnland wiederum der Weihnachtsmann vor allem in Familien mit Kindern ein häufiger Gast ist, ebenso wie bei vielen vor Weihnachten stattfindenden Zusammenkünften, die man auch pikkujoulu (zu Deutsch „kleines Weihnachten“) nennt.

 

Leckereien der Weihnachtstafel

Auf der Weihnachtstafel in Finnland findet sich traditionellerweise sehr sicher entweder ein Schinken oder eine Pute, mit dem Rückgang des Fleischkonsums erobert sich neuerdings, wie man hört, auch Tofuschinken seinen Platz. Auf jedem Tisch befinden sich auch Aufläufe (Kartoffel, Möhre, Steckrübe, Leber usw.) sowie Fisch und viele andere Speisen, die man als Gesamtheit, also zeitgleich, serviert und das auch noch über mehrere Tage. In Deutschland dagegen ist es typisch ein Gericht um eine Hauptspeise sowie Beilagen zu kreieren und an den verschiedenen Weihnachtstagen unterschiedliches Essen zu haben. In vielen Haushalten gibt es an Heiligabend Würstchen und Kartoffelsalat als Essen, was man in Finnland mit Silvester in Verbindung bringt. Ein in Deutschland völlig fremder Brauch ist auch das Essen von Milchreis als Bestandteil des Weihnachtsgerichts. Von Glögi wurde schon in einem anderen Blogtext berichtet, sodass ich in diesem Zusammenhang nicht näher auf dieses gewürzte Getränk eingehe. Verschiedene süße Gebäcke gibt es in beiden Ländern, und sie unterscheiden sich auch nicht großartig voneinander.

 

In die Sauna und auf den Friedhof

In Finnland gehört auch das Erinnern an die Verstorbenen als fester Bestandteil zu Weihnachten. Sowohl Kinder als auch Erwachsene besuchen den Friedhof, um zumindest ein Mal während der heiligen Weihnachtszeit Kerzen dorthin zu bringen, vor allem an Heiligabend. Diese Tradition vermisse ich eigentlich nicht, aber die Sache ist der Erwähnung wert. Eine andere sehr verschiedene, aber für viele Finnen wichtige Tradition ist es, in die Weihnachtssauna zu gehen. Das Saunieren ist ein so wesentlicher Bestandteil der finnischen Kultur, dass man darauf an den Feiertagen des Jahres nicht verzichten kann – im Gegenteil. Ich selbst durfte im Laufe der Jahre bei meinen Eltern sowie bei meinem Großvater und Onkel an Heiligabend (und häufig auch zumindest an einem der beiden Weihnachtstage) in die Sauna.  Ich kann versichern, dass obwohl ich daran gewöhnt war, jede Woche zu saunieren, die weihnachtliche Sauna sich immer besonders gut anfühlte. In Deutschland gehört das Saunieren natürlich nicht zu den Weihnachtstraditionen, aber wenn ich irgendwann eine eigene Sauna besitze, ist diese garantiert auch an Weihnachten heiß.

 

Verwandtschaftsbesuche während eines Tages an vielen Orten

Ich bin bereits dazu gekommen zu erwähnen, wie Besuche in Deutschland viel länger dauern als in Finnland, wo die Menschen vielleicht etwas unnötig in Eile sind. An Festtagen – dazu kann man zum Beispiel auch Abschlussfeiern zählen – wird ein solches Verhalten meiner Meinung nach besonders deutlich, da man zum Essen während eines Tages möglicherweise an viele verschiedene Orte geht, damit man es während der heiligen Weihnachtszeit schafft, möglichst viele Freunde und Verwandte zu treffen. Den Heiligabend verbringt man zwar gewöhnlicherweise nur an einem Ort in Gesellschaft von Familie oder Freunden, aber beginnend mit dem ersten Weihnachtstag kann es viele Plätze zu besuchen geben. In Deutschland versucht man, immer nur ein Treffen pro Tag auszumachen, obwohl man besonders in den letzten Tagen des Jahres Ausnahmen findet und Flexibilität vonnöten ist.

 

Schachteln gefüllt mit Schokoladenpralinen

Zum Schluss kehre ich noch einmal zu essbaren Leckereien zurück. Als Freund von Süßem vermisse ich manchmal eine Sache aus Finnland: Im Dezember sind die Geschäfte voller verschiedener Schokoladenpralinenschachteln in unterschiedlichsten Größen, die man für sich selbst kauft, sowie sie häufig auch als Geschenk gibt. In den letzten Jahren wurde damit begonnen, die Schachteln in Paketen von drei oder mehr zu verkaufen, wodurch sie für gewöhnlich etwas günstiger sind. Dieses Konfekt findet man zu anderen Jahreszeiten normalerweise nicht in den Regalen der Läden, sodass sie fest zu Weihnachten gehören. Diese Schachteln sind teils ein-, teils zweischichtig, aber ihnen allen gemein ist, dass es üblicherweise mindestens um die acht verschiedenen Geschmacksrichtungen gibt, manchmal sogar über zwölf. In Deutschland musste ich feststellen, dass die sich fast das ganze Jahr hindurch im Verkauf befindlichen Schokoladenpralinen zwar in weihnachtlichen Verpackungen verkauft werden, sich in ihrem Inhalt aber überhaupt nicht von den Süßigkeiten unterscheiden, die den Hochsommer ausgenommen immer zu haben sind. Normalerweise ist in den Packungen nur eine Sorte Konfekt, mit Ausnahme zum Beispiel von den durch das international bekannte Unternehmen Lindt sorgsam hergestellten Schachteln, die wirklich das ganze Jahr über in unterschiedlichen Verpackungen erhältlich sind.

 

 

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