Kochen und backen auf Finnisch

You are currently viewing Kochen und backen auf Finnisch

Die finnische Küche ist ein Thema, mit dem wir uns immer wieder gerne beschäftigen. Das nahm vor einigen Jahren seinen Anfang damit, dass ich natürlich neugierig war und von Risto wissen wollte, was in Finnland typischerweise auf den Tisch kommt. Da die meisten traditionellen Gerichte wie Mämmi, karelische Piroggen oder Steckrübenauflauf in Deutschland natürlich nicht fertig im Supermarkt erhältlich sind, stellen wir uns dafür regelmäßig selbst an den Herd. In diesem Beitrag möchte ich einige Hinweise geben, die dabei helfen sollen, finnische Rezepte nachzukochen bzw. -backen.

Deziliter statt Gramm

Was einem beim Lesen der Zutatenliste direkt ins Auge springt ist, dass Mengenangaben meist in Dezilitern angegeben sind anstatt – wie in deutschsprachigen Rezepten üblich – in Millilitern oder als Gewicht. Es gibt extra Messbecher, die genau einen Deziliter fassen und die aus einer finnischen Küche nicht wegzudenken sind.

Wichtiges Werkzeug in der finnischen Küche: ein Dezilitermessbecher.
Wichtiges Werkzeug in der finnischen Küche: ein Dezilitermessbecher.

 

Natürlich lassen sich die Deziliter auch in (aus deutscher Sicht) gängigere Einheiten umrechnen. Dass ein Deziliter 100 Millilitern entspricht, ist vielleicht noch hängen geblieben oder zumindest schnell recherchiert. Der Chemiker in mir möchte darauf aufmerksam machen, dass Masse und Volumen über die Dichte miteinander verknüpft sind und leicht ineinander umgerechnet werden können – vorausgesetzt, man hat die Dichte von z.B. Weizenmehl parat. Alternativ habe ich zumindest auf der finnischen Seite martat.fi unter dem Punkt Desilitran paino eine Tabelle mit dem Gewicht pro Deziliter einiger oft verwendeter Zutaten gefunden.

 

Abkürzungen und Mengenangaben

Folgende Abkürzungen und Mengenangaben werden häufig in Rezepten verwendet (ohne Garantie auf Vollständigkeit):

FinnischDeutsch
kpl = kappaleStück
mm = maustemitta„Gewürzmaß“, entspricht 1 mL
nippuBund
pkt = pakettiPaket
prk = purkkiBüchse oder Glas
ps, pss = pussiTüte
ripausPrise
rkl = ruokalusikkaEL = Esslöffel
rs = rasiaSchachtel
tilkkaSchuss
tl = teelusikkaTL = Teelöffel
tlk = tölkkiDose

 

 

Unterschiedliche Bezeichnungen…

Noch einige Anmerkungen zu Begrifflichkeiten: In Finnland bezeichnet man alles, was ein Auflauf ist, als laatikko (siehe z.B. makaronilaatikko, perunalaatikko, kalalaatikko…). Interessanterweise sind diese in der Regel nicht mit Käse überbacken.

Unter piirakka versteht man alles an Gebäck, was auf einem Blech zubereitet wird oder eher platt ist, also zum Beispiel auch Apfelkuchen vom Blech. Dieser heißt auf Finnisch nicht, wie man annehmen könnte, omenakakku, sondern omenapiirakka.

Auch sose ist ein falscher Freund: hierbei handelt es sich um Püree oder Mus. Omenasose ist somit Apfelmus und perunasose Kartoffelpüree. Das finnische Wort für Soße lautet dagegen kastike.

Ist in einem finnischen Rezept die Rede von kondensoitu maito, sollte man dringend zu gezuckerter Kondensmilch greifen. Diese ist deutlich viskoser als normale Kondensmilch und ich lege jedem, der seinen Kuchen nicht flüssig mag, ans Herz, diesen Rat zu beachten.

Dasselbe finnische Rezept, unterschiedliche Sorten Kondensmilch: Steht in der Zutatenliste kondensoitu maito, so ist das Produkt gemeint, das man in Deutschland als gezuckerte Kondensmilch kennt. Oben im Bild ein Karamellkuchen zubereitet mit gezuckerter Kondensmilch, unten wurde aus Versehen Kondensmilch verwendet.

 

Weiterhin fällt auf, dass es in Finnland mit kuohukerma und vispikerma zwei verschiedene Sorten Sahne für Verwendungszwecke gibt, bei denen wir in Deutschland nur süße Sahne kennen. So soll kuohukerma sich einfacher aufschlagen lassen, während vispikerma einen „stabileren“ Schaum ergibt, sodass diese zum Beispiel für die Zubereitung von Sahnetorten empfohlen wird.

Eine typische Zutat finnischer Rezepte ist siirappi (Sirup). Gemeint ist Zuckerrübensirup, von dem gut und gerne mal ein halber bis ein Deziliter in Gerichten wie den Weihnachtsaufläufen landet.

 

…und unterschiedliche Packungen

Unterschiede zwischen deutschen und finnischen Rezepten können sich auch dadurch ergeben, dass manche Lebensmittel in anderen Verpackungen erhältlich sind. Beispielsweise gibt es Vanillezucker, Backpulver etc. in Finnland nicht in Tüten, sondern in kleinen Behältern. Kein Wunder also, dass ich in einem Urlaub mit meiner Freundin Jana sehr lange durch den Supermarkt irrte, um Backpulver zu suchen. Wir hatten einfach nicht auf dem Schirm, dass wir nach einer kleinen Dose Ausschau halten sollten. In finnischen Rezepten wird man also kaum dazu aufgefordert, ein Tütchen Vanillezucker zuzugeben, sondern vielleicht einen Teelöffel.

Der Standardhefewürfel wiegt in Finnland stolze 50 g, wohingegen in Deutschland 42 g üblich sind. Dementsprechend sind auch Backrezepte meist auf 50 g frische Hefe ausgelegt. In diesem Fall haben wir in der Regel trotzdem nur 42 g verwendet und sind bisher immer gut damit gefahren. Unsere Zimtschnecken sind auch mit etwas weniger Hefe zuverlässig aufgegangen. Apropos Zimtschnecken, in Skandinavien gehört in diese ja Kardamom. Auffällig ist, dass der in Finnland erhältliche Kardamom eher grob ist, während er in Deutschland zu einem feinen Pulver gemahlen ist.

Im Allgemeinen werden Gewürze in Finnland eher sparsam eingesetzt. In den klassischen Rezepten werden weder viele unterschiedliche Gewürze verwendet noch große Mengen davon. Im Gegenteil, manchmal stößt man sogar auf den Hinweis, vorsichtig zu würzen oder auf Mengenangaben wie „1/4 Teelöffel Pfeffer“. Es kann deswegen sein, dass ein finnisches Gericht für diejenigen, die an die mitteleuropäische Küche gewöhnt sind, fad schmeckt. Aus diesem Grund sind wir immer etwas großzügiger beim Würzen als von den Rezepten vorgegeben.

Man braucht sich übrigens auch nicht darüber zu wundern, dass finnische Rezepte im Imperativ verfasst sind, also „Koche die Nudeln auf“. In Deutschland dagegen sind die Anweisungen häufig indirekt formuliert (die Nudeln aufkochen).

Wer nun auf den Geschmack gekommen ist und einige nordische Gerichte ausprobieren möchte, Rezepte aber lieber auf Deutsch als auf Finnisch liest, sollte sich mal auf dem Blog mahtava.de umsehen. Von hernekeitto bis korvapuusti findet sich dort allerhand Leckeres zum Nachkochen.

Schreibe einen Kommentar